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Digitaler Linux-Videorekorder im Eigenbau, Teil 6

Film ab!

von Thomas Koch und Mirko Dölle

Ausgabe 01/2003


Video-DVDs sind zweifellos beliebt, das Geschäft mit den silbernen und goldenen Scheiben boomt seit Jahren. Bei VDR sorgt das DVD-Modul für den Heim-Kino-Genuss, der ist aber nicht immer ungetrübt.

Ursprünglich war VDR von Klaus Schmidinger als reiner Videorekorder konzipiert, mit externen Videoquellen wie VCDs, SVCDs oder gar DVDs konnte VDR nichts anfangen. Doch schon kurz nach Veröffentlichung der ersten VDR-Versionen entstanden verschiedene Patches mit neuen Funktionsmodulen, eines davon ist das DVD-Modul von Andreas Schultz.

DVD-Zusatzmodul

Die Verbreitungsform als Patches hat den großen Nachteil, dass es sich um direkte Änderungen am VDR-Quelltext handelt, die für fast jede Version von VDR neu angepasst werden müssen. Mitunter ließen sich auch nicht alle Zusatz-Patches auf einbinden, weil nach Einbau etwa der SVCD-Funktionalität einige Teile des DVD-Patches nicht mehr an die richtige Stelle eingefügt werden konnten. Andy Grobb vereinigte daher die Patches fast aller Funktionserweiterungen zum All-in-one-Patch, kurz AIO-Patch, mit dem sich VDR dann problemlos anpassen ließ. Wie die DVD-Unterstützung in VDR bis einschließlich Version 1.0.4 aktiviert wird, haben wir bereits im Teil 4 [1] beschrieben.

Inzwischen hat sich die Struktur von VDR grundlegend verändert: VDR Version 1.2 steht vor der Tür, es ist bis Ende des Jahres mit der Freigabe als stabile Version zu rechnen. Ähnlich wie beim Kernel sind alle ungeraden "Minor"-Versionsnummern die Entwicklerversionen von VDR, die erste war VDR 1.1.0, derzeit ist man bei VDR 1.1.17 angelangt. Ab VDR 1.1 gibt es echte Plugins, die erst beim Aufruf von VDR eingebunden und nicht unbedingt mit jeder neuen Version von VDR überarbeitet werden müssen. Doch das soll Thema des nächsten Workshops sein.

VDR benutzt standardmäßig /dev/dvd als Wiedergabegerät für DVDs und kommt sowohl mit internen ATAPI-DVD-Laufwerken wie auch externen Firewire- oder USB-2-Geräten klar. Die externen Laufwerke sind dabei besonders interessant: Es gibt zum Beispiel für Firewire ein 10 Meter langes Spezialkabel, mit dem man das externe DVD-Laufwerk etwa im Wohnzimmer unterbringen kann, während der Videorekorder im Flur oder Keller sein Dasein fristet. Gerüchte, wonach externe Firewire-Laufwerke nicht funktionieren würden, erwiesen sich letztlich als falsch -- in den meisten Fällen war der Region-Code nicht gesetzt, weshalb zwar Daten-DVDs gelesen, aber keine Video-DVDs abgespielt werden konnten. Wie man den Region-Code setzt, erfahren Sie im Laufwerks-Test ab Seite 25.

Bedienung und Navigation

Das DVD-Modul von Andreas Schultz konnte zunächst nur die einzelnen Video-Dateien der DVD auflisten, eine Beschreibung oder gar ein Menü gab es nicht. So war es mitunter sehr mühsam, das Bonus-Material der DVD aufzustöbern und zuzuordnen. Das änderte sich mit dem Patch für VDR 0.9.6, seit dem kann während der DVD-Wiedergabe mit der Taste 1 das Hauptmenü erreicht werden, Taste 3 führt in die Kapitel-Auswahl. Je nach DVD führt Taste 7 in die Auswahl der Untertitel und 9 ins Audio-Menü mit der Sprach-Auswahl -- ob die Tasten entsprechend funktionieren, hängt aber auch davon ab, ob die DVD eine entsprechende Verknüpfung enthält.

Im DVD-Menü wird mit den Tasten 2 (auf), 8 (ab), 4 (links), 6 (rechts) und 5 (Enter) navigiert. Bei VDR ab Version 1.1 kann man statt dessen ein zweites Tastenkreuz der Fernbedienung benutzen. Mit Back wird das DVD-Modul wieder verlassen, Menu führt wie überall sonst auch ins VDR-Hauptmenü.

Abstürze möglich

Der DVD-Support ist allerdings noch nicht ausgereift, in der Praxis gibt es je nach Produzent und DVD immer wieder Darstellungsprobleme bei den Menüs oder gar Abstürze von VDR. Gerade ein seit langem laufender VDR scheint zum Absturz zu neigen, wenn eine DVD abgespielt werden soll. Daher ist im Moment davon abzuraten, während einer (wichtigen) Aufnahme eine DVD anzusehen. Vielmehr sollte man VDR neu starten, bevor man die DVD abspielt, das hilft manchmal auch gegen Darstellungsfehler. Auf der anderen Seite konnten wir keine Probleme feststellen, wenn die DVD bereits lief und während des Films eine Aufnahme begann -- der Knackpunkt scheint der Beginn der Wiedergabe zu sein.

Ein weiteres Problem sind die mitunter sehr langen Einbuchzeiten. Zwischen Aufruf des DVD-Moduls und Erscheinen des ersten Trailers. Als Faustregel kann man sagen: Ist der Bildschirm nach 30 Sekunden immer noch dunkel, ist sehr wahrscheinlich etwas schief gegangen -- ein sicheres Indiz ist es nicht, so braucht etwa die DVD Galaxy Quest fast drei Minuten, bis sich auf der Mattscheibe etwas rührt. Dafür lassen sich bei VDR auch DVD-Trailer überspringen, die man bei reinen DVD-Playern nicht beeinflussen kann -- angefangen von den obligatorischen Kopierverboten bis hin zu Schokoladen-Werbung bei der DVD Frequency.

Menüs und Trailer

Wie erwähnt kann es je nach DVD Probleme mit dem Menü geben. Völlig unproblematisch sind etwa Der Schuh des Manitu (Abbildung 1) oder The Rocky Horror Picture Show, obwohl beide eine sehr aufwändige Menügestaltung besitzen. Der Trailer von Crimson Tide hingegen bereitet erhebliche Probleme, wie in Abbildung 2 zu sehen, ist das Bild faktisch nicht zu erkennen. Bei Das fünfte Element hingegen ruckeln Bild und Ton beim Eingangs-Trailer sowie in den Unter-Menüs merklich, und es kommt zu mehreren Störstreifen im Bild (Abbildung 3). Die Filmwiedergabe ist in beiden Fällen von den Phänomenen nicht betroffen.


Abb. 1: Trotz umfangreicher und aufwändiger Menüs ist die Darstellung der DVD Der Schuh des Manitu einwandfrei. Auch sind Audio- und Untertitel-Menü sind über die Tasten 9 und 7 korrekt verknüpft.


Abb. 2: Der Trailer der DVD Crimson Tide ist fast kaum zu erkennen. Die Filmwiedergabe ist aber einwandfrei.


Abb. 3: Bei der DVD Das fünfte Element ruckeln alle Trailer sowie alle Zwischen-Einspielungen im Menü deutlich sicht- und hörbar, zudem durchziehen Streifen das Bild.

Ein behebbares Problem sind "durchsichtige" Menüs, die sporadisch auftreten und nicht zu reproduzieren sind -- deshalb müssen wir die entsprechende Abbildung schuldig bleiben. Bei dem Phänomen sind nur die Rahmen oder Auswahlelemente vor einem falschen oder stark gestörten Bild zu sehen, die Menüstruktur ist aber nicht zu erkennen. Die Navigation ist zwar noch möglich, wenn auch nur aus der eigenen Erinnerung heraus. Dieser Fehler lässt sich meist durch einen Neustart von VDR beheben.

Fazit

Woher die Probleme mit den einzelnen DVDs sowie die Abstürze kommen, ist noch nicht geklärt -- die Fehlerbehebung gestaltet sich besonders schwierig, wenn der Fehler nicht reproduzierbar ist oder der Entwickler die DVD schlicht nicht hat. Für den Alltag taugt das DVD-Modul in jedem Fall, es gibt kommerzielle Stand-Alone-Player, die deutlich mehr Probleme mit manchen DVDs haben als VDR, man hat sprichwörtlich schon Pferde kotzen gesehen. (mdö)

Infos
[1] "Alles Neu!", LinuxUser 05/2002: http://www.linvdr.org/projects/vdr/vdr-4


Zuletzt geändert am 01.01.1970